Nach der Reise in den Norden – Ergebnisse, Empfang, Bedeutung und Überprüfung von Messungen
Es ist leicht vorstellbar, dass Maupertuis mit seiner Gruppe und sich selbst zufrieden nach Paris zurückkehrte. Den Messungen zufolge war die Erde an den Polen abgeplattet, wie sie im Voraus auch angenommen hatten. Doch sie wurden nicht nur mit offenen Armen empfangen. Maupertuis’ Messergebnisse konnten erst bei der finnischen Kontrollmessung in den 1920er Jahren endgültig bestätigt werden.
Die Cassinis gaben nach drei Jahren nach
Die Expedition kehrte am 20. August 1737 nach einem Jahr und vier Monaten nach ihrer Abreise zurück nach Paris. Bereits eine Woche später stellte Maupertuis das Ergebnis der Akademie der Wissenschaften vor.
Der experimentellen Studie der Expedition Maupertuis’ zufolge war die Erde an den Polen abgeplattet.
Das Ergebnis wurde in Paris nicht ohne Kritik aufgenommen. Das Messergebnis erschütterte gängige wissenschaftliche Praktiken und stellte insbesondere die astronomische und geodätische Arbeitstradition Cassinis’ in Frage.
Die Expedition Maupertuis’ wurde kritisiert, weil sie als enthusiastische Unterstützer von Newton bekannt waren. Die mangelnde Unabhängigkeit ließ Zweifel an der Gültigkeit der Messergebnisse aufkommen.
Erst bei der Sitzung der Akademie der Wissenschaften 1740 teilte Cassini de Thury mit, dass die Richtigkeit der Messungen der Expedition nach Lappland durch neue, in Frankreich vorgenommene, Kontrollmessungen bewiesen wurde.
Messergebnisse wiesen in die richtige Richtung
Maupertuis veröffentlichte 1738 seinen Forschungsbericht „La figure de la terre“ (z. dt. „Die Form der Erde“), der zugleich ein abenteuerlicher Reisebericht war.
In seinem Vorwort begründete Maupertuis die Forschung seiner Expedition vor allem mit der Verbesserung der Genauigkeit in der nautischen Navigation.
Des Weiteren hob er andere Vorteile der Forschung hervor: Die Kenntnis der genauen Form der Erde helfe bei der Bestimmung der Mondparallaxe und des Wasserstandes – kurz gesagt ist die Mondparallaxe der Winkel, in dem der Erdstrahl vom Mond aus gesehen erscheint. Aus dem Blickwinkel der Astronomie war die genaue Kenntnis der Parallaxe wichtig.
Den Messungen der Expedition zufolge betrug die Gradlänge auf dem Meridianbogen am nördlichen Polarkreis 57 437 Toise, während der entsprechende Wert in Paris zu 57 060 Toise bestimmt worden war. Dies entspricht, auf eine Dezimalstelle gerundet, etwa 111 944,7 bzw. 111 209,9 Metern. Die Differenz in der Gradlänge betrug Maupertuis’ Gradmessung zufolge ungefähr 735 Meter.
Laut Voraussage von Newton würde das Abplattungsverhältnis der Erde 1:230 betragen. Maupertuis’ Expedition bestimmte einen Wert von 1:179. Der heutige genaue Wert beträgt 1:298,257223563 (WGS84, World Geodetic System 1984). In Kilometern handelt es sich um circa 43 Kilometer.
Der Durchmesser der Erde, gemessen von Pol zu Pol, beträgt etwa 43 km weniger als der entsprechende Durchmesser am Äquator. Der mittlere Durchmesser der Erde am Äquator beträgt 12 756,3 km. Der Durchmesser von Pol zu Pol beträgt 12 713,6 km.
Obwohl dieser Unterschied gering zu sein scheint, führte er früher zu Fehlern, insbesondere bei Seekarten.
Die Ergebnisse der Expedition Maupertuis’ waren also nicht ganz genau und sie wurden später präzisiert. Der Messfehler betrug knappe 400 m bzw. circa 13 Bogensekunden.
Die Expedition von Peru kehrte von ihrer Forschungsreise erst zehn Jahre nach ihrer Abreise zurück, im Jahr 1745. Sie sendeten jedoch Messergebnisse von ihrer Reise, die bestätigten, dass die Ergebnisse der Expedition in den Norden in die richtige Richtung wiesen.
Unmittelbare Auswirkungen
Der Besuch der französischen Naturwissenschaftler hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der schwedischen Wissenschaft.
Für den Professor für Astronomie an der Universität Uppsala Anders Celsius war seine Begegnung mit Maupertuis und anderen französischen Mathematikern und Astronomen wichtig. Auf Initiative Celsius’ Initiative hin wurde im Jahr 1741 in Uppsala das erste astronomische Observatorium Schwedens gebaut.
In Finnland wurde nach dem Besuch der Gradmessungsexpedition im Jahr 1748 eine Landesvermessungskommission gegründet. Das Ziel der Kommission war es, über jede finnische Provinz eine Karte zu erstellen. Es handelte sich um die erste Basiskartierung Finnlands.
Die Maupertuis’ und Outhiers Reisetagebücher wurden mehrere Auflagen herausgegeben und in verschiedene Sprachen übersetzt. Sie vermittelten dem mitteleuropäischen lesenden Publikum Informationen und Impressionen aus Lappland.
Die Bücher vermittelten nicht nur objektive Information, sondern auch stereotypische und exotische Eindrücke über das indigene Volk des Nordens. Die Sámi wurden in den Werken beispielsweise herablassend als sich seltsam verhaltende Wilde beschrieben.
Die Beschreibungen der Natur, insbesondere die Texte von Maupertuis über den Berg Niemivaara und den Fluss Tengeliönjoki, begannen sich in der Dichtung zu verselbständigen.
Die Namen der Vermessungspunkte wurden später zu Suchwörtern in der französischen Enzyklopädie (Diderot und d’Alembert). Somit wurde eine Reihe von Bergen im Tornetal Teil der europäischen Wissenschaftsgeschichte.
Um die Zeit der französischen Revolution wurde das System der Maßeinheiten erneuert. Es wurde eine neue Basiseinheit, der Meter, eingeführt. Der Meter wurde als ein Zehnmillionstel der Länge des Meridianbogens zwischen Nordpol und Äquator festgelegt.
Es waren Ergebnisse der geodätischen Expeditionen notwendig, um die genaue Länge des Meridianbogens zu bestimmen.
Schwedische Gradmessung auf den Spuren von Maupertuis
Maupertuis plante mit Celsius neue Messungen am Vättern-See in Mitttelschweden. Letztendlich wurde dieser Plan nicht verwirklicht.
Nach den ersten Messungen in Peru und im Tornetal wurden ähnlich groß angelegte Gradmessungen rund um den Globus durchgeführt. Das von der Expedition Maupertuis’ erlangte Ergebnis wurde durch weitere Messungen bestätigt und präzisiert
Jöns Svanberg (1771–1851), der schwedische Astronom, Mathematiker und Professor an der Universität zu Uppsala, wiederholte die Messungen von Maupertuis im Auftrag der Sschwedischen Königlichen Akademie der Wissenschaften 1799 und 1801–1803.
Svanberg hatte seine Jugend in Tornio verbracht. Anders Hellant aus Tornio, der Dolmetscher der Gradmessungsexpedition Maupertuis’, hatte ihn zur Astronomie inspiriert.
Bei den Messungen Svanbergs wurde die Triangulationskette an beiden Enden erweitert. Die neuen Messungen ergaben einen Grad des Meridianbogens 469,7 Meter kürzer als bei der Maupertuis’ Expedition.
Svanberg wurde kritisiert, weil er die Messung von Maupertuis nicht in exakt gleicher Weise wiederholte. So konnten die genauen Fehlerquellen nicht identifiziert werden.
Vermessung des Struve-Bogens war ein Großprojekt von 40 Jahren
Gut Hundert Jahre nach der Gradmessung der Expediton Maupertuis’ hielten sich Vermesser des Struve-Meridianbogens auf denselben Bergen des Tornetals auf.
Der russische Astronom Friedrich Georg Wilhelm von Struve (1793–1864) leitete ein groß angelegtes Gradmessungsprojekt, bei dem eine Kette von Dreiecken von Hammerfest in Nordnorwegen bis ans Schwarze Meer gebildet wurde. Die Länge des Dreiecksnetzes betrug insgesamt 2 820 km.
Im Norden wurde die Vermessung des Struve-Bogens in den Jahren 1845–1852 durchgeführt. Für die Vermessung von Tornio nordwärts waren schwedische und norwegische Kooperationspartner zuständig.
Sieben Vermessungspunkte der Dreieckskette Maupertuis’ wurden auch beim Struve-Meridianbogen verwendet: Kittisvaara, Pullinki, Niemivaara, Horilankero (bzw. Iso-Horila), Aavasaksa, Huitaperi und Kaakamavaara. In Tornio benutzte man statt der Tornio-Kirche den neueren und höheren Turm der Kirche von Alatornio.
Ein zusätzlicher Vermessungspunkt des Struve-Meridianbogens im Tornetal war der Berg Perävaara im schwedischen Karunki, ca. 25 km nördlich von Haparanda.
Das Messergebnis Maupertuis’ wurde von der finnischen Kontrollmessung bestätigt
Die endgültige Lösung für die Gradmessung Maupertuis’ kam durch die von den Geodäten Yrjö Leinberg (1896–1974) und Victor Ölander (1897–1973) im Jahr 1928 veröffentlichte Studie.
Leinberg führte astronomische Messungen an den Endpunkten der Triangulationskette in Tornio und Pello durch, während Ölander Gravitationsmessungen vornahm.
Die Fehler bei der Maupertuischen Gradmessung waren auf mehrere Gründe zurückzuführen; die größten Fehler entstanden aber bei der Durchführung astronomischer Beobachtungen. Obwohl der von George Graham gefertigte Zenitsektor ein hochwertiges Instrument war, erwies sich dessen Ablesung als Herausforderung. Eine Differenz von einer Bogenssekunde bedeutete in der Länge eine Abweichung von 30 Metern.
Alle verschiedenen Fehlerquellen wirkten sich in dieselbe Richtung aus, d.h. sie ließen die Länge des gemessenen Meridianbogens zunehmen. Die Abweichung betrug insgesamt 12,62 Sekunden.
Der Fehler war derart groß, dass Maupertuis die Abplattung der Erde an den Polen nicht hätte beweisen können, wenn der Fehler in die andere Richtung gewiesen hätte.
Durch seine Kontrollmessungen bewies Leinberg auch, dass die Triangulation der Expedition Maupertuis’ korrekt war.
Quellen:
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Wikipedia: https://sv.wikipedia.org/wiki/Jöns_Svanberg
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Geschichte
- Die Expedition auf der Karte
- Leben im Tornetal
- Maupertuis
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- Personendarstellungen