Leben im Tornetal der 1730er Jahre

Tornio – ldie nördlichste Stadt Europas

Bereits vor Gründung der Stadt hatte es auf der Insel Suensaari bei Tornio einen lang etablierten Handelsplatz gegeben. Der erste zuverlässige Eintrag über die Provinz Tornio stammt aus den 1340er Jahren.

Als die französische Expedition in Tornio ankam, war die während des Großen Nordischen Kriegs (1700–1721) zerstörte Stadt gerade wiederaufgebaut worden. In den 1730er Jahren zählte die Bevölkerung von Tornio etwa 520 Einwohner.

Die Expedition wurde in den Zimmern der städtischen Bourgeoisie und des Klerus einquartiert und leistete ihnen Gesellschaft. Die Unterhaltungen fanden hauptsächlich auf Lateinisch statt – nur wenige Einwohner in Tornio konnten Französisch.

Vor allem im Winter hatten die Expeditionsteilnehmer Zeit für das gesellschaftliche Leben.

In Schweden lebte man in der 1730er Jahren eine Zwischenkriegszeit

Zur Zeit der Expedition Maupertuis´ war das heutige Finnland ein Teil des schwedischen Reichs.
Die Ära der schwedischen Großmacht war mit dem Großen Nordischen Krieg und dessen entscheidenden Schlacht bei Poltawa 1709 zu Ende gegangen. Russland hatte Finnland in den Jahren 1714–1721 besetzt. Diese Zeit wurde bald als „Großer Unfrieden“ bezeichnet.

Die Russen besetzten das Tornetal nicht dauerhaft, griffen das Gebiet aber wiederholt an. Einige Jahre lang war die Stadt Tornio leer, als die Einwohner nach Lappland, in nahegelegene Provinzen oder bis in die Hauptstadt Stockholm flüchteten.

Der Flussoberlauf überstand den Krieg besser als die Stadt. In den 1730er Jahren war das Bevölkerungswachstum im Tornetal stark. Als die Expedition Maupertuis’ den Torne-Fluss hin und zurück fuhr, war die Besiedlung noch entlang des Flusses konzentriert.

1741 Schweden befand sich wieder im Krieg gegen Russland. Damals wurde die Lebenskraft des Tornetals nicht nur durch den Krieg, sondern auch durch Missernten und Epidemien beeinträchtigt.

Tornetal war Teil der Provinz Västerbotten

Torne-Fluss war die Hauptverkehrsader

Der hauptsächliche Grund, warum die Expedition ein Triangulationsnetz zwischen den Bergen von Tornio und Pello errichtete, war der Fluss. Die Mobilität zwischen den Vermessungspunkten wurde durch den Fluss erleichtert. Große und schwere Messinstrumente ließen sich recht mühelos in Booten transportieren.

Für die Augen der Franzosen waren die Boote leicht und deren Ruderer kühn und unermüdlich. Die Reisenden waren beeindruckt, wie die Einheimischen die vielen Stromschnellen des Torne-Flusses meisterten.

Nach der Erfahrung Réginald Outhiers gab es in Tornio keinen Einwohner ohne ein Boot.

Im Winter galten Pferdeschlitten als Verkehrsmittel auf dem Flusseis. Die Winterstraße wurde mit Jungholz markiert und die Stromschnellen wurden umfahren.

Auszug aus Lennart Forsténs Zeichnung von Kattilakoski in einem Buch „Finnland framställdt i teckningar“ (1845). Männer ziehen Boote am Ufer entlang, jenseits der Stromschnellen.

Lebensgrundlagen im Tornetal

Das Flusstal von Tornio bis nach Pello war hauptsächlich von Bauern besiedelt, aber auch Sámi wohnten hier oder hielten sich diesem Gebiet auf.

Eigentlich gehörten nur die Bewohner von Pfarrhäusern und die Militärdienstleistenden zu den drei obersten Ständen – Adel, Klerus und Bourgeoisie – außerhalb der Stadt Tornio. Ihre Lebensart wich kaum von der Lebensart der reichsten Bauern ab.

Aufgrund fruchtbarer Uferweisen bildete die Viehhaltung einen wichtigen Lebensunterhalt im Flusstal. Während der kurzen Vegetationsperiode wurde auf den Feldern hauptsächlich Gerste angebaut. Outhier schrieb in seinem Reisetagebuch mehrere Male von der „sehr schönen rundährigen Gerste” des Flusstals.

In den größten Häusern der Flusstäler gab es laut Schätzung des Kronvogts, eines Staasbeamten, im Jahr 1738 durchschnittlich zwei Pferde, 10–15 Kühe und 20–30 Schafe.

Die Sámi betrieben Handel mit dem Bürgertum von Tornio, das zu Marktzeiten flussaufwärts fuhr.
Nach Beobachtungen von Maupertuis schöpften die Menschen Kraft aus Brot, Butter und Buttermilch. Die Nahrung wurde durch Rentierfleisch und Fisch ergänzt.

Die Höfe der Häuser waren in ländlichen Gebieten des Tornetals viereckig, wie Outhier schrieb. Die Wohnbereiche waren auf dem Lande ähnlich geformt wie in der Stadt. Neben der Stube und der Küche verfügten die Häuser im Allgemeinen über zwei Zimmer, in denen die Reisenden übernachten konnten.

Für die Franzosen war es kein Problem, eine Unterkunft zu finden. Sowohl Outhier als auch Maupertuis schrieben, dass die Einheimischen äußerst gastfreundlich waren und das Wenige, das sie hatten, großzügig mit anderen teilten.

Eindruck von der erbarmungslosen Wildnis des Nordens

Maupertuis bezeichnet das Tornetal in seinen Texten als Lappland. Administrativ gehörte das Tornetal damals nicht zu Lappland, sondern zur Provinz Västerbotten.

Lappland hatte schon damals einen gewissen exotischen Klang, den Maupertuis sorglos ausnutzte, indem er von sich selbst das Bild eines arktischen Abenteurers zeichnete. So ist die Forschungsreise in der Tat als „Gradmessung in Lappland“ in die Geschichte eingegangen.

Das Porträt, das Maupertuis von sich malen ließ – mit Pelzmantel, Fellhandschuhen und Mütze sowie einer winterlichen Landschaft im Hintergrund – bestätigt, wie die nordischen Verhältnisse und die Kultur des Nordens in Mitteleuropa auf Interesse stießen.

Maupertuis fertigte Kupferstiche nach seinem Porträt an, die er in ganz Europa verbreitete. Auf dem Porträt trägt er Kleidung aus Rentierfellen aus Lappland. Auszug aus dem Stich von Jean Daulle.
Quellen:

Maupertuis, Pierre Louis Moreau de. “Kirje herra d’Argensonille”. Trans. Osmo Pekonen. Maan muoto ynnä muita kirjoituksia Lapista. Ed. Osmo Pekonen. Väyläkirjat, 2019.

Maupertuis, Pierre Louis Moreau de. “Kirje Verteillacin kreivittärelle”. Trans. Osmo Pekonen. Maan muoto ynnä muita kirjoituksia Lapista. Ed. Osmo Pekonen. Väyläkirjat, 2019.

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Outhier, Réginald. Matka Pohjan perille. Maupertuis Foundation and Väyläkirjat, 2011 (orig. 1744).

Pekonen, Osmo. “Johdanto: Maan muotoa mittaamassa”. Maan muoto ynnä muita kirjoituksia Lapista. Ed. Osmo Pekonen. Väyläkirjat, 2019.

Pekonen, Osmo. La rencontre des religions autour du voyage de l’abbé Réginald Outhier en Suède en 1736–1737. Lapin yliopistokustannus, Rovaniemi, 2010.

Teerijoki, Ilkka. “Väkiluku ja väestön rakenne 1600- ja 1700-luvulla”. Tornionlaakson historia II. 1600-luvulta vuoteen 1809. Eds. Olof Hederyd et al. Tornionlaakson kuntien historiakirjatoimikunta. Jyväskylä, 1993.

Teerijoki, Ilkka. “Maatalouselinkeinot ja maatalouspolitiikka”. Teoksessa Tornionlaakson historia II. 1600-luvulta vuoteen 1809. Eds. Olof Hederyd et al. Tornionlaakson kuntien historiakirjatoimikunta. Jyväskylä, 1993.

Vahtola, Jouko. “Tornio - vuosisatojen portti Lappiin ja länteen”: https://www.tornio.fi/wp-content/uploads/2018/02/Torniohistoria.pdf


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